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Rund 12 Millionen Tonnen Bauabfälle fallen pro Jahr in Österreich an. Davon werden etwa 88 Prozent wiederverwertet – damit ist die Recyclingquote von Baustoffen eine der höchsten in Europa. Der Wiederverwertungsprozess kann mithilfe verschiedener Verfahren vorgenommen werden. Welche das sind, welche Baustoffe recycelt werden können und welche Verordnungen für das Baustoffrecycling in Österreich gelten, erfahren Sie im Ratgeber.
Welche Vorteile bringt die Wiederverwertung von Baustoffen?
Die Wiederverwendung von Baustoffen hat viele ökologische und ökonomische Vorteile, für Sie als Unternehmer genauso wie für die Umwelt:
- Recyclingbaustoffe schonen natürliche Ressourcen wie Sand, Kies und Gestein. Durch die Substitution von Primärbaustoffen lässt sich der Rohstoffabbau deutlich senken: Eingriffe in die Natur werden reduziert und natürliche Flächen geschont.
- Emissionen werden reduziert: Die Wiederverwertung von Baumaterial verursacht im Vergleich zu Primärbaustoffen häufig einen geringeren Gesamtenergieverbrauch.
- Deponien werden entlastet, denn jede Tonne recyceltes Baumaterial bedeutet eine Tonne zu entsorgenden Bauschutt weniger.
- Baustoffrecycling ist kostensparend, da wiederverwendete Materialien zumeist günstiger erhältlich sind als Primärbaustoffe.
Ähnlich wie bei der Verwendung von ökologischer Dämmung sorgen Sie mit der Wiederverwendung von Baumaterialien für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen.
Welche Möglichkeiten gibt es, Baustoffe wiederzuverwenden?
Beim Baustoffrecycling werden Baumaterialien in ihre Ausgangsprodukte zerlegt und für einen neuen Verwendungszweck aufbereitet oder verarbeitet. Im Gegensatz dazu behalten die Baustoffe bei einer direkten Wiederverwendung ihre ursprüngliche Gestalt oder den Ausgangszustand: Sie werden weder thermisch noch strukturell oder chemisch verändert.
Besonders vorteilhaft und einfach ist es, wenn Materialreste unbenutzt und original verpackt sind. In so einem Fall können diese unmittelbar weiterverwendet und verbaut werden. Praktisch ist dies besonders bei mineralischen Baustoffen wie Gipskartonplatten oder Dämmstoffen, denn diese Materialien sind meist nach der ersten Anwendung nur noch zu recyceln.
In vielen Gewerken wie dem Hoch- und Stahlbetonbau oder im Tief- und Garten-Landschaftsbau (GaLa-Bau) können verschiedene Baustoffe oder Materialien ohne gesonderte Aufbereitung wiederverwendet werden. So wird zum Beispiel Frischbeton in Baubetrieben wieder- bzw. weiterverwendet, um Betonreste zu vermeiden. Diese müssten andernfalls recycelt werden, sobald sie verfestigt sind. Daneben lässt sich im GaLa-Bau Natursteinpflaster erneut als Pflaster verwenden oder zusammen mit Bauschuttresten und Schotter als Untergrund für Fundamente weiterverarbeiten.
Recycelte Baustoffe und ihre Anwendungsmöglichkeiten
Es gibt eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten für unterschiedliche recycelte Baustoffe. Die Tabelle zeigt einen Überblick:
Material und Herkunft | Produkt / Baustoff | Anwendung |
---|---|---|
Ziegelbruch aus Ziegelproduktion und Abbruch | • Rezyklierter Ziegelsand • Rezyklierter Ziegelsplitt | • Zuschlagstoff für die Produktion von Mauerwerksteinen, Beton und Leichtbeton • Drainageschichten • Füllstoff • Schüttung • auch für Dachbegrünungen und Landschaftsbau |
Ziegelbruch aus Wohnbau und Hochbauabbruch | • Recyclierter Hochbauziegelsand • Recyclierter Hochbauziegelsplitt | • Zuschlagstoff für die Produktion von Mauerwerksteinen, Beton u. Leichtbeton; • Stabilisierungen • Füllungen • Schüttung • Estriche |
Industriebau- und allgemeiner Hochbauabbruch | • Recyclierter Hochbausand • Recyclierter Hochbausplitt | • stabilisierte Schüttungen • stabilisierte • Künettenverfüllungen, • Bauwerkshinterfüllungen • Sportplatzbau • Auch GaLa-Bau, Land- und forstwirtschaftlicher Wegebau |
Mineralische Restmassen aus dem Hochbauabbruch | • Ziegel • Beton • natürliches Gestein | • Künettenverfüllungen • Hinterfüllungen • Schüttungen • Drainage |
Sand aus dem Industriebau und Hochbauabbruch | • Recyclingsand | Infrastruktureinrichtung wie Bettung von • Kabeln, z. B Fernmeldekabel • Rohren, z. B. Gas- und Wasserrohre |
Asphaltaufbruch aus dem Straßenbau | • Recycliertes gebrochenes Asphaltgranulat | • landwirtschaftlicher Wegebau • Zuschlagstoff für die Asphaltproduktion • ungebundene obere und untere Tragschichten • gebundene Tragschichten |
Betonabbruch aus dem Straßenbau, Brückenbau oder Industriebau | • Recyclingbeton, recycliertes gebrochenes Betongranulat | • landwirtschaftlicher Wegebau • Zuschlagstoff für Betonproduktion • Drainage • ungebundene obere und untere Tragschichten • zementgebundene Tragschichten |
mineralische Restmassen aus dem Straßenbau | • Recycliertes gebrochenes Mischgranulat (Beton, Gestein, Asphalt) | • ungebundene und gebundene Tragschichten |
Recycliertes Gestein aus dem Eisenbahn- und Straßenbau | • Recycliertes Granulat (Gestein, Beton, Asphalt) | • ungebundene und gebundene Tragschichten |
Bautechnische Voraussetzungen für das Baustoffrecycling
Damit ein größtmöglicher ökonomischer Nutzen aus der Wiederverwendung von Baumaterialien gezogen werden kann, müssen verschiedene Parameter beachtet werden:
- Rückbaumöglichkeiten
Zuerst sollte festgestellt werden, inwieweit verbaute Stoffe überhaupt rückbaubar sind. Dazu muss sorgfältig geplant werden, in welchem Umfang die entsprechenden Arbeiten auszuführen sind, um auch empfindliche Baustoffe wie etwa historische Fliesen zerstörungsfrei zu entfernen.
- Logistik
Hierzu muss auch eine geeignete Logistik gewährleisten können, dass zu beseitigende und wiederverwendbare Materialien korrekt gelagert sowie transportiert werden. Auf diese Weise lassen sich alle Einsatzmaßnahmen optimal ausrichten und wirtschaftlich gestalten.
- Zeitplan der Rückbaumaßnahmen
Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem zerstörungsfreien Ausbau oder Rückbau der Bauteile zu: Damit möglichste viele Stoffe gewonnen und wiederverwendet werden können, sollte der Zeitrahmen der Bauarbeiten angemessen ausgelegt sein.
- Planungskonzept
Schließlich ist es wichtig über geeignete Werkzeuge und Maschinen zu verfügen sowie ausreichend Personal für den Rückbau einzusetzen. Durch ein gezieltes Planungskonzept, das auf spezifische Baustoffe ausgelegt ist, können diese sicher entnommen und wiederverwendet werden.
Diese Recycling-Baustoffverordnungen gelten
Alle Baustoffe und Bauabfälle müssen in der Schweiz nach der Abfallverordnung (VVEA) sowie der Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) richtig getrennt und gesammelt werden. Darüber hinaus gelten verschiedene DIN-Normen, deren Einhaltung einen sicheren und umweltfreundlichen Wiederverwertungsprozess gewährleisten soll.
Grundlegend gilt vor dem erneuten Verbauen bereits benutzter Baustoffe: Alle Elemente müssen dieselben Sicherheitsanforderungen oder Normen erfüllen wie neue Produkte. Bei tragenden Elementen sowie Bauten in öffentlichen Bereichen bestehen daher besonders strenge Kontrollen für gebrauchte Baustoffe. Um die Sicherheit und Tragfähigkeit aller wiederverwendbaren Baustoffe zu gewährleisten, sollten Sie die Materialbeschaffenheit anhand diverser Verordnungen überprüfen.
Sobald Sie Baustoffe und Materialien direkt wiederverwenden wollen, ist es zwingend notwendig, deren Zustand und Eigenschaften fachlich korrekt beurteilen zu lassen. Vor einem erneuten Einbau müssen sie daher nach entsprechenden DIN-Verordnungen geprüft und mängelfrei sein.
In der folgenden Tabelle geben wir Ihnen eine Übersicht der gebräuchlichsten Richtlinien für Recycling-Baustoffe.
Baustoff | Prüfverordnung | Prüfkriterien | Wiederverwendung |
---|---|---|---|
Vollholz | SN EN 336/338 Bauholz für tragende Zwecke | • tragende oder nichttragende Funktion • Feuchtgehalt • Kontrolle auf Pilzbefall oder Verunreinigungen (Holzschutzmittel, usw.) | • Schalungsbau • Dach- und Wandkonstruktionen • Carports |
Betonguss-Elemente | bauaufsichtliche Zulassung bei der Wiederverwendung in Gebäuden: DIN EN 1992, DIN 1045, DIN EN 12504, DIN EN 13670, DIN EN 12390 | • schadloser Rückbau ist erfolgt • Remontierbarkeit gewährleistet • Prognose zur Nutzungsdauer | • Garagen • Carports • Gestaltungselemente GaLa-Bau • Deichbau • Hochwasserschutz |
Stahl | abweichend nach Wieder-Verwendungszweck: DIN EN 10901, DIN EN 10902, DIN EN 1990, DIN EN 19931 | • Verformungen oder Risse vorhanden • Elemente können erneut sicher verschweißt werden | • Türsturz • Mauerabfangung • Hangbefestigungen |
Fenster und Türen | DIN 4108, DIN 4109, VDI-Richtlinie 2719, Energiesparverordnung (EnEV) | • Wärme- und Schallschutzqualität weiterhin gegeben | • direkte Wieder-verwendung in Gebäuden |
Treppen | DIN 18065 SN EN 15644 | • Beachtung von Einbauhöhe und Steigungsverhältnis • Vollständigkeit aller Teile | • direkte Wieder-verwendung in Gebäuden |
Bodenbeläge | verschiedene Nutzungs- und Beanspruchungsklassen für Feucht- und trockene Räume | • Überprüfung auf Schadstoffe • geringe Feuchtigkeits-beanspruchung • ggf. Reinigung der Teile | • direkte Wieder-verwendung von Parkett, Dielen, Fliesen, Kacheln usw. in Gebäuden |
Fräs- und Aufbruchasphalt | DIN 18299, DIN 18317 | • Bestimmung der Korngröße, des Bindemittels • Zusammensetzung | • Asphaltgranulat und Mischgut für neue Straßenbeläge |
Dach-Ziegel | SN EN 1304 SN EN 539-1 und 2 | • Frostrisiko oder Wasserdurchlässigkeit | • direkte Wieder-verwendung auf Gebäuden oder für dekorative Zwecke |
Mauersteine | SN EN 771 | • ggf. Reinigung • Prüfung auf Druckfestigkeit | • direkte Wieder-verwendung in Gebäuden oder für dekorative Zwecke |
Pflastersteine, Gehwegplatten | SN EN 1338 | • Unterscheidung in Naturstein und Betonstein | • direkte Wieder-verwendung zum Wegebau, für Fundamente, usw. |
Zäune und Tore aus Metall und Holz | DIN 18320 | • Materialnormung für öffentliche Gebäude notwendig • Passform | • direkte Wieder-verwendung • dekorative Zwecke |
Wiederverwendbare Baustoffe nachhaltig verbauen
Im Rahmen einer Bauplanung mit wiederverwendbaren Elementen sollten Sie eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. So können Sie abwägen, ob sich der Einsatz wiederverwendbarer Baustoffe lohnt. Vor dem Erwerb der Baumaterialien ist die Qualität der Produkte gründlich zu bewerten und eine Haltbarkeitsprognose durchzuführen. Zudem sollten alle Vorgehensweisen zum schadensfreien Rückbau und Transport genau abgestimmt werden.
Ein im Vorfeld präzise erstelltes Planungskonzept bietet Ihnen hierzu verschiedene Vorteile: Zum Beispiel können Sie von einer deutlichen Kostenersparnis der Baumaterialien profitieren. Daneben lassen sich individuelle Kundenwünsche schnell umsetzen, da die Bauelemente nicht erst hergestellt werden müssen. Außerdem ist es durch den Einsatz von gut erhaltenen historischen Bauelementen möglich, Bauprojekte einzigartig zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise Fliesen mit Ornamenten, traditionell gearbeitete Türen sowie Fachwerk und Natursteine.
Mit der 5-Punkte-Checkliste planen Sie Ihr Bauprojekt mit wiederverwendeten Baustoffen:
- Identifizieren Sie die Baustoffe, die durch wiederverwendete Materialien ersetzt werden können. Beachten Sie etwaige Sonderwünsche Ihrer Kunden.
- Überprüfen Sie, ob die Baustoffe über Baustoffbörsen oder andere Bezugsquellen erhältlich sind oder zurückgebaut werden können. Berücksichtigen Sie dabei die exakte Passform sowie die Maße der Bauteile.
- Überschlagen und vergleichen Sie den Zeitaufwand sowie die Kosten, die entstehen werden für Anschaffung, Rückbau, Transport, Lagerung sowie ggf. notwendige Prüfungen und Abnahmen.
- Ermitteln Sie, welche Baumaterialien bauaufsichtlich zugelassen bzw. nach DIN-Verordnungen geprüft werden müssen.
- Planen Sie alle Bauschritte präzise und chronologisch: Zeitlicher Aufwand, Logistik, Personal, Fertigstellungstermine.
FAQ zum Baustoffrecycling
Die gängigsten Baustoffe, die nach einer erfolgten DIN-Prüfung erneut verwendet werden können, sind zum Beispiel:
• Stahlbauteile
• Mauer- und Pflastersteine
• Vollholz
• PVC (wie Profilrahmen oder Bodenbeläge)
• fertige Bauteile wie Treppen, Fenster und Türen
Entscheidende Punkte für den Einsatz von Recyclingbaustoffen sind beispielsweise kürzere Transportwege sowie die sofortige Verfügbarkeit der ausgebauten Materialien. Hinzu kommt der eingesparte Energieaufwand, der bei einer Neuproduktion der Baustoffe anfallen würde: Auf diese Weise können Ressourcen wie Erdöl, Sande und Minerale effektiv eingespart werden, die als Ausgangsstoffe für die Produktion vieler Baumaterialien benötigt werden. Daher sind wiederverwendbare Baustoffe oftmals kostengünstiger im Einkaufspreis und der Einsatz in verschiedener Hinsicht lohnenswert.
Grundsätzlich sind alle wiederverwendeten Baustoffe auf ihre Materialbeschaffenheit und Eignung sowie nach entsprechenden DIN-Verordnungen zu prüfen. Ebenfalls ist eine korrekte Ausführung des Rückbaus, eine sichere und trockne Lagerung sowie der fachgerechte Transport ausschlaggebend, ob Baumaterialien nochmals wiederverwendet werden können.
Neben ökonomischen Vorteilen durch preiswerte, gebrauchte Baustoffe, kann ein Bauherr durch die Wiederverwendung von Baumaterialien nachhaltig und ökologisch wirtschaften: Natürliche Ressourcen werden geschont und gemäß des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erneut eingesetzt. Darüber hinaus entstehen durch wiederverwendbare Baustoffe individuelle Gestaltungsmöglichkeiten mit klassischen oder historischen Elementen.
Bitte beachten Sie: Die hier erwähnten Vorschriften sind nur eine Auswahl der wichtigsten gesetzlichen Vorgaben. Detaillierte Informationen lesen Sie dazu in den aufgeführten und ggf. weiteren Vorschriftensammlungen und Gesetzestexten nach. Bei der konkreten Umsetzung im Betrieb können und sollten im Zweifel außerdem Sachverständige hinzugezogen werden.
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