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Flurförderzeuge bzw. Flurfördermittel werden in jedem grösseren Betrieb eingesetzt; ob in der Industrie, in der Logistik oder im Handwerk. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung innerbetrieblicher Rohstoff- und Warenströme. Je nach Anforderungsprofil können unterschiedliche Gerätearten infrage kommen, um Ihr Lager oder Ihren Warenbestand bestmöglich zu organisieren.
Doch was sind Flurförderzeuge überhaupt, nach welchen Kriterien werden sie eingeteilt und für welche Fahrzeugarten benötigen Sie einen Flurförderschein? Antworten auf diese Fragen finden Sie in unserem Ratgeber.
Allgemein umfasst der Begriff Flurförderzeuge (FFZ) bewegliche Förder- und Transportmittel, die in der Intralogistik für die Kommissionierung, für das Stapeln sowie die Ein- und Auslagerung von Rohstoffen, Waren und anderen Lasten zum Einsatz kommen. Die Begriffe Flurfördermittel, Flurförderzeuge oder Flurförderfahrzeuge werden im Alltag weitgehend synonym verwendet und sind alle zulässig. Die Bezeichnung Flurförderfahrzeuge wird umgangssprachlich verwendet, ist aber streng genommen keine fachlich korrekte Begrifflichkeit.
Flurförderzeuge: Definition gemäss DGUV Vorschrift 68
In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Definition des Begriffs „Flurförderzeuge“. Demgegenüber werden Flurfördermittel in der deutschen Unfallverhütungsvorschrift DGUV 68 spezifischer definiert. Hier legt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV im Detail fest, was unter Flurförderzeugen zu verstehen ist. Je nach Lagerstrategie können die passenden Flurförderzeuge unterschiedliche Merkmale aufweisen. Grundsätzlich sollen die Geräte ihrer Bauart nach den folgenden Kriterien entsprechen:
- Sie laufen mit Rädern auf dem Boden und sind frei lenkbar.
- Sie werden zum Befördern, Ziehen oder Schieben von Lasten verwendet.
- Ihr Einsatz erfolgt innerhalb des Betriebs.
- Flurförderzeuge mit Hubeinrichtung sind zusätzlich dadurch gekennzeichnet, dass sie zum Heben sowie Ein- und Ausstapeln von Lasten in Regalen eingerichtet sind und diese selbst aufnehmen und absetzen können.
- Bei Flurförderzeugen mit einer Hubeinrichtung, die Lasten oder Lastaufnahmemittel höher als bodenfrei heben können, erfolgt die Hub- und Senkbewegung in einer geraden und senkrechten mechanischen Führung.
Nach dieser Definition gehören manuelle Handhubwagen genauso wie elektromotorisch unterstützte Elektro-Hubwagen und Gabelstapler zu den Flurförderzeugen. Geräte wie automatisierte Schmalgangstapler und Fahrerlose Transportsysteme (FTS) werden ebenfalls den Flurförderzeugen zugeordnet.
Das entscheidende Kriterium ist, dass sie auf dem jeweiligen Untergrund frei bewegt werden können und nicht auf Gleise oder Schienen angewiesen sind. Ob der Betrieb durch einen Mitgänger erfolgt oder die Flurförderzeuge mit einem Fahrersitz ausgestattet sind, spielt hingegen keine Rolle für die Zuordnung.
Gemäss der DGUV Vorschrift 68 gehören folgende Geräte zu den Flurförderzeugen:
Hubwagen
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: manuell, hydraulisch, semi- oder vollelektrisch
Betrieb: Mitgängerbetrieb, kombinierter Mitgänger- oder Mitfahrbetrieb, Mitfahrbetrieb
Varianten: z. B. Niederhubwagen, Scherenhubwagen, Elektro-Hubwagen, Handhubwagen, Hubwagen mit Waage
Hubwagen gliedern sich folgendermassen auf:
Handhubwagen umfassen manuell betriebene Gabelhubwagen in verschiedenen Ausführungen. Es handelt sich hierbei um manuelle Niederhubwagen, mit denen Sie Lasten für den Transport bodenfrei anheben können. Spezialausführungen wie Vierwege-Hubwagen und extraschmale Hubwagen erleichtern den Einsatz unter beengten Platzverhältnissen; manuelle Edelstahl-Hubwagen erfüllen besonders hohe hygienische Ansprüche und sind daher für hygienisch sensible Arbeitsbereiche wie in der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie geeignet.
Scherenhubwagen können als Handhubwagen, Hubtische, mobile Bereitstelltische oder Werkbänke eingesetzt werden und sind als handhydraulische und elektrohydraulische Modelle erhältlich. Dank des Scherenunterbaus kann der Scherenhubwagen bei elektrischen Modellen per Knopfdruck auf eine individuelle, ergonomische Arbeitshöhe angehoben und für rückenschonendes Sortieren, Verpacken oder Kommissionieren eingesetzt werden.
Elektro-Hubwagen erleichtern durch einen Elektromotor das Verfahren der Ladung oder die Hubfunktion (semi-elektrisch) oder ggf. auch beides (vollelektrisch). Die Hubwagen können im Mitgängerbetrieb geführt werden, bei dem die bedienende Person neben dem Gerät läuft. Modelle mit Mitfahrerbetrieb oder kombiniertem Mitgänger-Mitfahrerbetrieb bieten eine fest installierte oder klappbare Fahrerplattform oder einen Fahrerstand. Beides erlaubt der bedienenden Person, für längere Strecken auf dem Flurförderzeug mitzufahren.
Wiegehubwagen verfügen über eine integrierte Waage, die je nach Messgenauigkeit der Wiegeeinheit und der vorhandenen Wiegefunktionen für einfache Wiegevorgänge und Gewichtskontrollen eingesetzt werden können – z. B. bei der Gewichtsermittlung von Speditionsware oder auch zur Vermeidung von Lkw-Überladung. Je nach Modell eignen sie sich aber auch für den industriellen Einsatz, etwa beim Dosieren oder Mischen von Waren.
Hochhubwagen
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: manuell, hydraulisch, semi- oder vollelektrisch
Betrieb: Mitgängerbetrieb, kombinierter Mitgänger- oder Mitfahrbetrieb, Mitfahrerbetrieb
Varianten: Elektro-Hochhubwagen, Doppelstock-Hochhubwagen, Lithium-Ionen-Hochhubwagen, Spezial-Elektro-Hochhubwagen, Hydraulik-Stapler
Hochhubwagen werden folgendermassen definiert:
Hochhubwagen erlauben dank des Hubgerüsts einen vertikalen Transport der Ladung in grössere Höhen; z. B. um sie in Regale ein- oder auszustapeln. Mit Teleskophubgerüsten können einige Modelle bis zu 4,80 m Hubhöhe erreichen. Hochhubwagen werden elektrisch oder hydraulisch betrieben. Worin der Unterschied besteht, sehen Sie im Video Hydraulik-Stapler vs. Elektro-Stapler.
Gabelstapler
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: vollelektrisch
Betrieb: Mitfahrerbetrieb
Varianten: Gegengewichtsstapler, Schubmaststapler, Hochregalstapler, Vierwege-Gabelstapler, Quergabelstapler
Gemäss DIN 15140 wird bei den Gabelstaplern mit Fahrersitz grundsätzlich zwischen vier Hauptgruppen unterschieden:
Umgangssprachlich als Gabelstapler bezeichnet, gehören diese Elektro-Fahrersitz-Geräte zu den am häufigsten genutzten Fördermitteln in Lager und Produktion. Front- bzw. Gegengewichtsstapler sind schnell, flexibel und dank der am Heck integrierten Eisengewichte für höchste Lasten geeignet.
Die besonders kompakte Bauweise des Schubmastgabelstaplers mit dem Hubmast nah am Fahrzeugschwerpunkt ermöglicht grosse Hubhöhen (bis zu 10 m) bei geringem Platzbedarf.
- Vierwege-Gabelstapler:
Die Bauart ähnelt dem Schubmaststapler, allerdings können die Räder des Flurförderfahrzeugs im Stand um 90 Grad gedreht werden. So lassen sich enge Abzweigungen in Schmalganglagern bewältigen, ohne dass Sie auf den Kurvenradius des Fahrzeugs Rücksicht nehmen müssen.
- Quergabelstapler:
Auch Quergabelstapler sind für beengte Lagerverhältnisse gut geeignet. Sie können Lasten seitlich aufnehmen, wenn die frontale Aufnahme in engen Lagergängen nicht möglich ist.
Kommissionierfahrzeuge
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: vollelektrisch
Betrieb: Mitfahrerbetrieb
Varianten: Horizontal-Kommissionierer, Vertikal-Kommissionierer, Ausführungen ohne Standvorrichtung oder mit Hubplattform
Kommissionierfahrzeuge werden folgendermassen definiert:
- Bei diesen verfahrbaren Flurförderzeugen befindet sich die Position der fahrzeugführenden Person auf einer Plattform zwischen Steuercockpit und Ladung und fährt horizontal (Horizontal-Kommissionierer) oder vertikal (Vertikal-Kommissionierer) zum Pick-Platz mit. Auf diese Weise können grössere Warensendungen aus verschiedenen Einzelwaren zusammengestellt werden, somit eignen sich die Flurförderzeuge für den Einsatz im Kommissionierlager. Da Kommissionierfahrzeuge in Innenbereichen zum Einsatz kommen, handelt es sich bei ihnen ausschliesslich um Elektrofahrzeuge.
Hebegeräte
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: manuell, elektrisch oder mit Druckluft
Betrieb: Mitgängerbetrieb
Varianten: u. a. Hebelifte, Palettenwender, Plattformstapler
Schlepper
Gruppe: gleislose Flurförderzeuge
Antrieb: elektrisch
Betrieb: Mitgängerbetrieb und Mitfahrerbetrieb
Varianten: u. a. Mini-Schlepper, Elektroschlepper, Routenzüge mit Schlepperantrieb
Einteilung und Kennzeichnung der Flurfördermittel nach EKAS-Richtlinie 6518
Beim Einsatz von Flurförderzeugen im Betrieb spielt die richtige Bezeichnung und Kennzeichnung der Geräte eine wichtige Rolle. Sie liefert allen Personen, die den Gabelstapler, Hochhubwagen oder Hubwagen bedienen wollen, klare Hinweise auf die Funktionsweise und die Bedienung des Fördermittels, die auch der Bedienungsanleitung entnommen werden können.
Grundlage für die Kennzeichnung ist die Klassifizierung nach den von der SUVA angewandten EKAS-Richtlinien 6518. Dort erfolgt, ausgehend vom Gefahrenpotenzial des jeweiligen Flurfördermittels, eine Einteilung in zwei Hauptkategorien:
Kategorie S
Unter die Kategorie S fallen Flurförderzeuge, von denen keine besonderen Gefahren ausgehen. Innerhalb der Kategorie wird dabei zwischen motorisch angetriebenen Flurförderzeugen ohne Fahrersitz und Typen mit Fahrersitz und horizontaler Warenverschiebung unterschieden:
• S1: Schlepper
• S2: verschiedene Hubwagen
• S3: Kommissionierer
Kategorie R
Hierzu gehören Flurförderzeuge, die über einen Fahrersitz oder Fahrerstand verfügen und mit denen Lasten über den Kopf gehoben werden können. Ausserdem beinhaltet die Kategorie R Gefährte, die aus einem Bedienstand in Höhen über fünf Meter fahren.
Die Einteilung in Unterkategorien gestaltet sich wie folgt:
• R1: Gegengewichtsstapler
• R2: Quersitz-, Hochregal- und Vierwegstapler
• R3: Seiten- und Vierwegstapler
• R4: Teleskopstapler
Weitere Flurfördermittel
Ausserhalb der Gruppe der Flurförderzeuge existieren ausserdem die nachfolgend aufgeführten flurfreien Fördermittel. Sie werden in aller Regel zu den Unstetigförderern gezählt, also zu den Fördermitteln, die nicht durchgängig laufen und nur bei Bedarf zum Einsatz kommen:
Vollautomatische Shuttle-Systeme
Gruppe: flurfreie, spurgeführte Fördermittel
Antrieb: elektrisch
Betrieb: vollautomatisch ohne Fahrer
Varianten: u. a. Regalshuttle, Regalförderer
Staplerschein: Ja oder Nein?
Um die Sicherheit im Lager zu gewährleisten, sollten Sie immer sicherstellen, dass Sie die entsprechenden Bedingungen erfüllen, um ein Flurförderzeug zu bedienen. Das ist neben der Erfüllung des Mindestalters von 18 Jahren und der persönlichen Eignung gegebenenfalls auch der Besitz eines Flurmittelförderscheins. Falls Sie ohne Befugnis beispielsweise einen Gabelstapler fahren, kann das im Fall von Ladungsschäden oder einem Arbeitsunfall schwerwiegende rechtliche Folgen haben.
Grundsätzlich hängt es von der jeweiligen Flurförderzeug-Kategorie ab, ob Sie einen Staplerschein benötigen oder nicht. Die genauen Ausbildungsanforderungen sind in der EKAS-Richtlinie 6518 festgelegt.
Kategorie S – Anforderungen an Staplerfahrende
• Mindestalter 15 Jahre
• Es muss eine Instruktion durch eine fachlich qualifizierte Person direkt am Arbeitsplatz erfolgen oder eine Ausbildung in einer zertifizierten Ausbildungsstätte absolviert werden.
• Der Instruktionsnachweis reicht für das Führen von Staplern der Kategorie S aus.
Es wird kein Staplerschein benötigt.
Kategorie R – Anforderungen an Staplerfahrende
Da von Staplern der Kategorie R eine erhöhte Gefahr ausgeht, gelten strengere Vorgaben an die fahrenden Personen:
• Mindestalter 18 Jahre (Ausnahme: Ist laut Art. 4 Abs. 4 ArGV 5 vorgesehen, dass Auszubildende ein Flurförderzeug der Kategorie R führen, kann das Mindestalter auf 15 Jahre reduziert werden.)
• Ausbildung durch eine betriebliche Fachperson oder zertifizierte Ausbildungsstätte.
• Zusatzinstruktion am Arbeitsplatz durch eine Fachperson des Betriebs oder einen Ausbilder der Ausbildungsstätte.
• Fahrer müssen mittels Prüfung die „Berechtigung zum Bedienen von Flurförderzeugen“ (Staplerschein) erwerben und über einen Instruktionsnachweis verfügen.
Unabhängig vom Staplerschein sollten Sie für die Bedienung sämtlicher Flurförderzeuge an einer jährlichen Sicherheitsunterweisung sowie regelmässigen Fortbildungen teilnehmen.
FAQ zu Flurförderzeugen
In der deutschen Unfallverhütungsvorschrift DGUV 68 ist die Definition von Flurförderzeugen exakt festgelegt. Die Geräte sollen ihrer Bauart nach folgende Kriterien erfüllen:
1. Sie laufen mit Rädern auf dem Boden und sind frei lenkbar.
2. Sie werden zum Befördern, Ziehen oder Schieben von Lasten verwendet.
3. Ihr Einsatz erfolgt innerhalb des Betriebs.
4. Flurförderzeuge mit Hubeinrichtung sind zusätzlich dadurch gekennzeichnet, dass sie zum Heben sowie Ein- und Ausstapeln von Lasten in Regalen eingerichtet sind und diese selbst aufnehmen und absetzen können.
5. Bei Flurförderzeugen mit einer Hubeinrichtung, die Lasten oder Lastaufnahmemittel höher als bodenfrei heben können, erfolgt die Hub- und Senkbewegung in einer geraden und senkrechten mechanischen Führung.
• Handhubwagen
• Elektro-Hubwagen
• Niederhubwagen
• Scherenhubwagen
• Hochhubwagen
• Schlepper
• Front- bzw. Gegengewichtstapler
• Kommissioniergeräte
• Schubmaststapler
• Schmalgangstapler
• Seiten- bzw. Quergabelstapler
• Containerstapler
• Teleskopstapler
Im weitesten Sinne werden ausserdem die folgenden Fördermittel dazugezählt:
• Hebezeuge
• Krane
• Regalshuttle/Regalförderer
Die Ausbildungsanforderungen an Fahrer von Flurförderzeugen hängen in der Schweiz grundsätzlich von der jeweiligen Staplerkategorie ab. So reicht für das Führen von Staplern der Kategorie S (verminderte Gefahr) das Mindestalter von 15 Jahren sowie der Instruktionsnachweis durch eine qualifizierte Fachperson. Für das Führen von Staplern der Kategorie R (erhöhtes Gefahrenpotenzial) sind hingegen der Erwerb eines „Staplerscheins“ sowie das Mindestalter von 18 Jahren (mit Ausnahmen) vonnöten.
Bitte beachten Sie: Die hier erwähnten Vorschriften sind nur eine Auswahl der wichtigsten gesetzlichen Vorgaben. Detaillierte Informationen lesen Sie dazu in den aufgeführten und ggf. weiteren Vorschriftensammlungen und Gesetzestexten nach. Bei der konkreten Umsetzung im Betrieb können und sollten im Zweifel ausserdem Sachverständige hinzugezogen werden.
Bildquellen:
© Jungheinrich AG