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Wer ein Flurförderzeug bedient, muss die Traglast und Tragfähigkeit des Staplers, Hochhubwagens oder Hubwagens genau kennen. In der Logistik ändern sich Form, Grösse und Gewicht der Güter ständig. Deshalb muss jede Situation neu bewertet werden, um sicherzustellen, dass beim Anheben und Transportieren der Lasten keine unvorhergesehenen Kräfte wirken. Was genau die Tragfähigkeit ist und wie Sie diese berechnen, lesen Sie im Ratgeber.

Unterscheidung zwischen Nenntragfähigkeit und tatsächlicher Tragfähigkeit

Nicht nur die Masse von Gabelstaplern und die Masse von Hubwagen und Hochhubwagen, auch deren Tragfähigkeit spielt eine wichtige Rolle für den Arbeitsalltag und die Sicherheit im Lager.

Beim Betrieb von Flurförderzeugen muss zunächst zwischen Nenntragfähigkeit und der tatsächlichen Tragfähigkeit (auch: wirkliche oder Resttragfähigkeit) unterschieden werden. Umgangssprachlich wird die Nenntragfähigkeit auch als Traglast eines Flurförderzeugs bezeichnet. Der in diesem Zusammenhang auch häufig genutzte Begriff „Tragkraft“ ist jedoch nicht korrekt.

Die tatsächliche Tragfähigkeit und die Nenntragfähigkeit hängen voneinander ab und müssen deshalb immer zusammen betrachtet werden:

  • Die Nenntragfähigkeit bezeichnet die Belastungshöchstgrenze eines Flurförderzeugs bzw. dessen lastaufnehmende Elemente – wie zum Beispiel Gabelzeuge oder Winkelelemente, aber auch Felgen und Reifen. Die Belastungshöchstgrenze wird in Kilogramm bemessen und ist an das Eigengewicht des Fahrzeugs gebunden. Dynamische Kräfte werden nicht beachtet.

  • Mit der tatsächlichen Tragfähigkeit ergibt sich die richtige Dimensionierung des Flurförderzeugs oder der zu transportierenden Güter. Die Resttragfähigkeit wird nicht für Niederhubwagen oder Schlepper angewendet. Bei Niederhubwagen wird der Begriff „Nennlast“ und bei Schleppern „Zugkraft und Anhängelast“ verwendet.

Der Lastschwerpunkt – sicheres Heben und Bewegen von Lasten

Soll in der Intralogistik mit Flurförderzeugen wie etwa Hochhubwagen eine gleichmässig gewichtete Last bewegt werden, befindet sich der Schwerpunkt (S) dieser in der Mitte – vorausgesetzt, die zu transportierende Ladung ist würfel-, quader- oder zylinderförmig.

Schematische Darstellung des Lastschwerpunkts

Damit lässt sich der Lastschwerpunkt auch ganz einfach berechnen: Er beträgt immer die Hälfte der Länge der zu bewegenden Last.

Der Mechanismus zwischen der zu bewegenden Last und dem Gabelstapler, Hochhubwagen oder Hubwagen entspricht dem Verhalten einer Wippe:

Schematische Darstellung des Lastmoments
  • Die Tragfähigkeit ist dabei vom Lastschwerpunkt (S) abhängig: Je länger, höher und breiter eine Last ist, desto mehr beeinflusst diese den Schwerpunkt des Flurförderzeugs.
  • Die Tragfähigkeit nimmt mit zunehmender Hubhöhe und Lastschwerpunktabstand ab.

Nimmt ein Stapler, Hochhubwagen oder Hubwagen eine Last auf, kann das Flurfördergerät theoretisch am Drehpunkt (D) seiner Lastachse umkippen. Hier wirkt das Lastmoment. Dieses setzt sich zusammen aus der Last (kg) samt dem Lastschwerpunktabstand (mm) sowie dem Mass der Gerätekonstante von der Mitte der Lastachse bis zur Vorderkante des Gabelrückens.

Auf der Gegenseite des Drehpunktes wirkt die Kraft des grösseren Eigengewichts (kg) von Stapler oder Hubwagen entgegen. In Verbindung mit dem Radstand, also der Länge des Kraftarms (mm), bildet alles das sogenannte Kontermoment.

Dieses physikalische Verhalten kann in den Formeln nach dem Hebelgesetz wiedergegeben werden:

  • Lastmoment (M) = Last (Q) x Lastarm (c + x)
  • Kontermoment (M) = Kraft (F) x Länge des Kraftarms (h)
Schematische Darstellung des Hebelgesetzes anhand eines Staplers mit Last
  • Lastschwerpunktabstand (c) = horizontaler Abstand des Lastschwerpunktes zur Hubeinrichtung
  • Lastabstand (x) = Mass von der Mitte der Vorderachse zur Hubeinrichtung (z. B. dem Gabelrücken)
  • Lastschwerpunkt (LP) = Länge der zu bewegenden Last / 2

Muss der Lastschwerpunktabstand vergrössert werden, verringert sich automatisch die tatsächliche Tragfähigkeit des Staplers, Hochhubwagens oder Hubwagens. Solche Situationen können beispielsweise aufgrund einer ungünstigen Position der Paletten entstehen, auch wenn die Palettenlast selbst gleich bleibt. In so einem Fall kann das Flurförderzeug möglicherweise kippen, obwohl vorher dieselben Lasten problemlos entladen wurden. Die verbleibende Resttragfähigkeit von Stapler, Hochhubwagen oder Hubwagen reicht nicht mehr aus:

Schematische Darstellung des Lastschwerpunkts anhand eines Staplers mit horizontaler und vertikaler Lastaufnahme

Bei ungleichmässigen Lasten sollten Sie bei der Bedienung des Gabelstaplers, Hochhubwagens oder Hubwagens darauf achten, immer die schwerere Seite zum Gabelrücken hin aufzunehmen. Auf diese Weise ist der Lastschwerpunktabstand am geringsten. Stellen Sie sicher, dass die Last vor dem Transport immer direkt am Gabelrücken anliegt.

Der genormte Lastschwerpunktabstand für Gabelstapler mit einer Nenntragfähigkeit bis zu 10.000 kg setzt sich wie folgt zusammen:

  • bis 1000 kg Last: 400 mm
  • 1001 bis 5000 kg Last: 500 mm
  • 5001 bis 10.000 kg Last: 600 mm

Der Lastschwerpunkt bei unterschiedlichen Flurförderzeugen

Stapler, Hochhubwagen und Hubwagen werden in drei verschiedene Flurförderzeug-Gruppen unterschieden. Diese beziehen sich auf die Relation zwischen der Radbasis und der Lage des Lastschwerpunktes:

GruppeMerkmaleBeispiel Flurförderzeug
Freitragende Flurförderzeuge• Lastschwerpunkt liegt ausserhalb der Radbasis
• Gegengewicht oder Heckgewicht für Standsi-cherheit notwendig, zum Beispiel Batterie bei Elektroantrieb
• besitzen die grösste Nenntragfähigkeit auf-grund des Gegenge-wichts
Gabelstapler
Radunterstützende Flurförderzeuge• Lastschwerpunkt liegt in-nerhalb der Radbasis
• kein Gegengewicht für Standsicherheit notwen-dig
Hubwagen
Freitragende sowie radunterstützende Flurförderzeuge• Lastschwerpunkt liegt ausserhalb als auch in-nerhalb der Radbasis
• Lastaufnahme erfolgt mit ausgefahrenem Lastarm
• Lasttransport erfolgt mit eingefahrenem Lastarm
• kein Gegengewicht für Standsicherheit notwen-dig
Schubmaststapler

Berechnung der Resttragfähigkeit im Last-Schwerpunkt-Diagramm

Einen entscheidenden Einfluss auf die Tragfähigkeit von Gabelstaplern, Hochhubwagen und Hubwagen hat die Hubhöhe. So sind die Norm-Hubhöhen in der DIN EN ISO 3691-1:2020-11 festgelegt und geben an, bis zu denen ein Stapler, Hochhubwagen oder Hubwagen die Nennlast heben können muss, ohne dass die Standsicherheit beeinträchtigt wird:

  • Hubhöhe = 2.500 mm à Hochhubwagen sowie Gabelhochhubwagen mit maximaler Breite über den Gabelzinken oder Plattform von 690 mm
  • Hubhöhe = 3.300 mm à Stapler allgemein

In jedem Flurförderzeug mit Hubgerüst vor der Vorderachse oder an Hub-Anbaugeräten befindet sich ein Schild mit einem Traglast- bzw. Last-Schwerpunkt-Diagramm. Das Schild ist auch als Last- oder Lastendiagramm für Stapler bekannt. Mit dessen Hilfe berechnen Sie den Lastschwerpunkt und die Resttragfähigkeit, um bei Verladearbeiten die Hebelwirkung richtig einschätzen zu können. Im Traglastdiagramm wird von einem Stapler, Hochhubwagen oder Hubwagen mit serienmässiger Gabel ausgegangen, dessen Lastschwerpunkt in der Mitte des Flurförderzeugs liegt. Auf dem Traglastdiagramm können Sie die Formel für die maximaleNenntragfähigkeitablesen:

  • Lastgewicht (kg) und genormter Lastschwerpunktabstand zum Gabelrücken (mm) – unter Berücksichtigung der Norm-Hubhöhe (mm)

In der Praxis weicht die maximale Traglast des beladenen Flurförderzeugs (also inklusive der aufgenommenen Lasten) häufig von der Nenntragfähigkeit ab; dann spricht man von der Resttragfähigkeit: Die Resttragfähigkeit ist die verbleibende Tragfähigkeit aufgrund von Tragfähigkeitseinschränkungen gegenüber der Nenntragfähigkeit. Die Nenntragfähigkeit wird bei definiertem Hub und festgelegtem Lastschwerpunktabstand bestimmt. Ein grösserer Lastschwerpunktabstand führt jedoch zu einer Einschränkung der Nenntragfähigkeit. Beim Einsatz von Anbaugeräten ändert sich in der Regel auch der Lastschwerpunktabstand, zusätzlich reduziert das Gewicht des Anbaugerätes die Nenntragfähigkeit. Tragfähigkeitseinschränkungen ergeben sich aber auch bei grossen Hubhöhen aufgrund der Biegung des Hubgerüstes bzw. des daraus resultierenden grösseren Lasthebelarms.

Mit einem Blick auf das Traglastdiagramm können Sie schnell feststellen, bis auf welche Höhe ein bestimmtes Transportgut sicher angehoben werden kann.

Die Tragfähigkeit eines Staplers ist dabei von seinem Eigengewicht abhängig: Je schwerer ein Fahrzeug, desto tragfähiger ist es. Ausnahmen können aufgrund folgender Punkte entstehen:
• anders genormte Hubhöhe
• Sonderform des Hubgerüstes
• anders genormter Lastschwerpunkt
• abnehmbare Anbaugeräte

Bei Hochhubwagen verhält es sich ähnlich: Je kleiner, kompakter und leichter ein Hochhubwagen ist, desto schlechter ist die Standsicherheit und damit die Tragfähigkeit in der Höhe (Resttragfähigkeit). Dem kann jedoch entgegengewirkt werden durch die Wahl steiferer Hubgerüstprofile, einer Verschachtelung der Mastprofile und einer Verstärkung der Radarme. Auch bei Hubwagen entscheiden Eigengewicht und Konstruktion über die Tragfähigkeit. Ein Handhubwagen mit extralangen Gabeln kann so zum Beispiel für mehr Tragfähigkeit mit extraverstärkten und versteiften Gabelzinken ausgestattet werden.

Für die Praxis: Traglastdiagramm richtig lesen

Um Arbeitsunfälle etwa im Palettenlager oder im Schmalganglager zu vermeiden sowie die Unversehrtheit von Transportgut oder -fahrzeug zu gewährleisten, ist es im Arbeitsalltag von grösster Bedeutung, dass Sie das Traglastdiagramm richtig lesen und interpretieren.

Üblicherweise hat das Diagramm drei Achsen:

1. Rechts finden Sie die möglichen Traglasten aufsteigend in Kilogramm angegeben.

2. Auf der linken Seite stehen die Angaben zur Hubhöhe in Millimetern.

3. Die untere Achse zeigt von links nach rechts ansteigend die zugelassenen Lastschwerpunktabstände an.

Traglastdiagramm für Flurförderzeuge, dessen Nenntragfähigkeit sich in Abhängigkeit der Hubhöhe ändert

Aufgrund dieser Dreiteilung ist es möglich, mit zwei bekannten Grössen jeweils die dritte zu ermitteln.

So können Sie zum Beispiel herausfinden, bis auf welche Höhe ein Transportgut sicher angehoben werden kann, wenn Sie dessen Gewicht und Lastschwerpunkt kennen. Doch genauso gut können Sie auch ausgehend von einer bestimmten Regalhöhe die maximale Resttragfähigkeit eines Flurförderzeugs oder den geeigneten Lastschwerpunkt ablesen.

Den Wert dazu ermitteln Sie ganz einfach: Suchen Sie die Stelle, an der sich die Werte für Traglast und Lastschwerpunkt im Koordinatensystem treffen, und folgen Sie der schräg abfallenden Linie, um die zugelassene Hubhöhe abzulesen. Gleichzeitig können Sie auch ablesen, mit welcher Last Sie das Flurförderzeug bei einem bestimmten Lastschwerpunkt und der benötigten Hubhöhe maximal belasten dürfen.

Für Flurförderzeuge, deren Nenntragfähigkeit sich nicht mit der Hubhöhe ändert (beispielsweise bei Flurförderzeugen mit Monomast und einem Lastschwerpunkt von 600 mm), sondern ausschliesslich in Abhängigkeit vom Lastschwerpunktabstand zu betrachten ist, wird dieses vereinfachte Traglastdiagramm angewendet:

Traglastdiagramm für Flurförderzeuge, dessen Nenntragfähigkeit sich in Abhängigkeit vom Lastschwerpunkt ändert

Wenn Sie ein Traglastdiagramm lesen, müssen Sie immer beachten, dass die Angaben nur für den Einsatz unter normalen Lagerbedingungen gelten: Unebene Böden, ungleichmässig beladene Paletten oder ein Verfahren der angehobenen Ladung wirken sich deutlich auf die Tragfähigkeit und die Transportsicherheit eines Flurförderzeugs aus, sodass die Traglast für diese Ausnahmesituationen gesondert berechnet werden muss.

Anwendungsbeispiel Traglastdiagramm Stapler

An folgendem Beispiel zeigen wir Ihnen, wie Sie das Traglastdiagramm in der Praxis anwenden. Dazu werden als Beispiellast palettierte Kartons gleicher Grösse und gleichen Gewichts angenommen:

  • Höhe der Last: 800 mm
  • Länge der Last: 1.150 mm
  • Abstände zwischen Lastschwerpunkt und Lastaufnahmemittel: 400 mm vertikal, 575 mm horizontal
Traglastdiagramm mit verschiedenen Beispielwerten

Beachten Sie:

  • Bei Lasten mit gleichmässiger Gewichtsverteilung liegt der Lastschwerpunkt im geometrischen Volumenmittelpunkt.
  • Bei rechteckigen Lasten mit gleichmässiger Gewichtsverteilung über das gesamte Volumen liegt der Lastschwerpunkt in der Mitte auf halber Länge, halber Höhe und halber Breite der Last.
Spezifisches Traglastdiagramm, in dem beispielhaft Werte eingetragen sind

Anbaugeräte von Staplern, Hochhubwagen und Hubwagen

Müssen beim Verladen sogenannte Anbaugeräte am Flurförderzeug befestigt werden, verändert sich durch das erhöhte Eigengewicht sowie den Lastschwerpunktabstand die Nenntragfähigkeit. Beispielsweise ist die Resttragfähigkeit bereits ohne Lastaufnahme herabgesetzt, wenn eine Gabelverlängerung angewendet wird. Werden weitere Zubehörteile wie Arbeitsbühnen oder Arbeitskörbe, Kippbehälter oder Kranausleger benutzt, verringert sich die wirkliche Tragfähigkeit beträchtlich.

Ist ein Flurförderzeug bereits mit abnehmbaren Anbaugeräten seitens des Herstellers ausgestattet, so müssen diese Teile eindeutige Kennzeichnungen zur jeweiligen Tragfähigkeit bezüglich der Höhe und des Lastschwerpunktabstands besitzen.

FAQ zur Tragfähigkeit von Staplern, Hochhubwagen und Hubwagen

Welche Grundsätze regeln die Tragfähigkeit von Staplern, Hochhubwagen und Hubwagen?

Die Tragfähigkeit von Staplern, Hochhubwagen und Hubwagen ist grundsätzlich vom Lastschwerpunkt (S) abhängig: Je länger, höher und breiter eine Last ist, desto mehr beeinflusst diese den Schwerpunkt des Flurförderzeugs. Die Tragfähigkeit nimmt zudem mit zunehmender Hubhöhe und dem dadurch veränderten Lastschwerpunktabstand ab.

Was bezeichnet die Nenntragfähigkeit?

Die Nenntragfähigkeit bezeichnet die Belastungshöchstgrenze eines Flurförderzeugs bzw. dessen lastaufnehmende Elemente – wie zum Beispiel Gabelzeuge oder Winkelelemente, aber auch Felgen und Reifen. Die Belastungshöchstgrenze wird in Kilogramm bemessen und ist an das Eigengewicht des Flurförderzeugs gebunden. Dynamische Kräfte werden nicht beachtet. Die Nenntragfähigkeit ist bei bestimmten Norm-Hubhöhen und genormten Lastschwerpunktabständen zu ermitteln und muss auf dem Typenschild ausgewiesen werden.

Was ist die Resttragfähigkeit bei Staplern, Hochhubwagen und Hubwagen?

Die Resttragfähigkeit bezeichnet die verbleibende Tragfähigkeit aufgrund von Tragfähigkeitseinschränkungen gegenüber der Nenntragfähigkeit. Gründe für die Einschränkungen der Nenntragfähigkeit können z. B. ein vergrösserter Lastschwerpunktabstand oder eine grössere Hubhöhe sein. Die Resttragfähigkeit muss ebenfalls in einem sichtbar angebrachten Traglastdiagramm am Stapler, Hochhubwagen oder Hubwagen ausgewiesen werden.

Bildquellen:
© Jungheinrich AG, ©Getty Images – TommL